Zur Ausbildung zum Tierheilpraktiker gehören neben dem Unterricht auch zahlreiche Praktika. Da ich aber extrem übermotiviert war, suchte ich mir zusätzliche Aufgaben. So kam ich auch als Stallmädchen in einen Reitstall. In der freien Zeit übte ich mein erlerntes Wissen. Es war Sommer und heiß wie jetzt.
Ich war neu und wusste kaum, wo alles war. Da kam die Besitzerin zu mir und wollte ihr Pferd gesattelt haben. Mir rutschte das Herz in die Hose. Es handelte sich um eine wertvolles temperamentvolles Tier und ich war noch Anfänger. Ich versuchte nach außen cool zu bleiben und machte mich an die Arbeit.
Es kam, was kommen musste: Ich hatte den Anbinde-Knoten verpatzt. Plötzlich stand das Pferd frei auf dem Reithof. Ich schluckte. Und schluckte. Das einzige, was durch meinen Kopf wie ein Kreisel sauste, war die Lektüre von Monty Roberts und Andrea Kutsch, was ich in den Tagen gerade gelesen hatte. Verzweiflung brach in mir aus. Wie sollte ich das Pferd wieder einfangen? Die Tür zum Wald hatte jemand offen gelassen, und zur Straße war es für das Tier auch nicht weit. Ich sah mich schon von der Besitzerin beerdigt.
Der Mut der Verzweiflung ließ mich versuchen, Kontakt zu dem edlen Tier aufzunehmen. Das gelang. Ich hockte mich auf dem Boden und versuchte total ruhig zu werden. Immer wieder bat ich das Pferd zu mir zu kommen. Bis auf fünf Meter tat es das auch. Und dann wieder zehn zurück. Und wieder begann ich. Wieder kam es auf fünf Meter heran. Und wieder zurück. Wenigstens lief er nicht in den Wald. Eine Ewigkeit später kamen sie zu dritt, und trieben ihn auf eine kleine Koppel, die mir noch gar nicht aufgefallen war. Die kannten das Spiel wohl schon. Vorwürfe hat mir keiner gemacht, aber ich fühlte mich richtig mies.
Später am Tag sagte mir jemand, das das richtig professionell ausgesehen hätte, was ich mit dem Pferd gemacht habe. Gut, dass die nicht in meiner Haut gesteckt haben!!!
Ach, und das Pferd? Wenig später sind wir ganz dicke Freunde geworden.
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